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DYING FETUS

RELAPSE Records

Demockery.org

DYING FETUS
Interview 2001 - geführt von Karim mit Bassist/Sänger Jason Netherton

Ich glaube nicht, daß ich der einzige bin, der schon auf die Veröffentlichung des neuen DYING FETUS Albums gewartet hat und ich werde auch nicht der einzige sein, der davon alles andere als enttäuscht ist und auch werde ich nicht der einzige sein, der sich daraufhin dazu entschlossen hat (nach massiven Bestechungsversuchen von Seiten des Relapse Europe Office) ein Interview mit den Mutter-Tötern und Hunde-Vergewaltigern der Nation zu machen. Da die Band eh gerade auf Tour mit MORBID ANGEL war, rief mich das DYING FETUS Sprachrohr Jason (Bass/Gesang) dann auch von ihrem Road-Trip in Deutschland an, wirkte dabei allerdings leider etwas genervt. Wenn ich mir das so recht überlege, wirken immer alle Leute genervt, wenn ich sie interviewe... muß ich mal mit meinem Therapeuten ausdiskutieren. Mal sehen, was sich so aus dem Gespräch rausdestillieren ließ ...

Insgesamt ist die aktuelle Tour recht kurz gewesen, so dass die Jungs dann noch rechtzeitig zu Weihnachten wieder im heimischen Nest sitzen und "Merry Christmas" singen können. Den letzten Besuch statteten DYING FETUS uns ja zum dritten Fuck the commerce Festival ab. Also wie sieht es aus für euch auf deutschen Strassen?!?

Oh, es läuft wirklich gut. Es hat seine Vor- und Nachteile, dass diese Tour für uns eher kurz ist, aber die Reaktionen vom Publikum sind wirklich sehr positiv. Wir haben auch schon als wir hier für das Fuck the commerce waren einige Shows zusammen mit ORTH gespielt, die auch sehr gut liefen, wir können uns also nicht beschweren. Ansonsten haben wir auch viel in den Staaten gespielt, eine Tour mit VADER und eine mit DESTRUCTION.

Man merkt also, dass es so langsam für die Band losgeht, was ja auch Zeit wurde, denn für mich haben die Jungs schon mit "Killing on Adrenaline" Maßstäbe gesetzt und "Destroy the Opposition" legt da glatt noch einen Zacken drauf. Um aber mal nicht gleich ins Schleimen zu geraten, muß ich ja noch mal auf die "Grotesque Impalement" Mini-CD zu sprechen kommen, die vorher über das eigene Label Blunt Force rauskam und so manchen Fan enttäuscht hat, so dass ich mich mal nicht schäme das Teil nie gehört zu haben ...

Es ist definitiv nichts, was man gehört haben muß und die Sache war auch mehr aus Spaß entstanden. Es sind ja nur ein paar Cover-Songs und alte Demo-Tracks, die wir neu aufgenommen haben. Das Teil hatte kaum Vertrieb und ist auch nur für die wirklichen Die-Hard Fans gedacht und auch nicht als neues Album gedacht, weshalb es in Eigenveröffentlichung auf unserem Label rauskam. Wir haben auch unsere alten Scheiben "Infatuation with malevolence" und "Purification through violence" noch mal neu über unser Label veröffentlicht und werden demnächst sogar eine andere Band rausbringen. Die Band heißt DEEP RED und kommt aus Finland ... sie machen sehr SUFFOCATION-mäßige Musik und haben uns wirklich gut gefallen. Das ist aber nur eine Art Experiment ... die Musik müsste hier in Amerika ziemlich gut laufen und wenn das hinhaut, sehen wir weiter ... wenn nicht, dann eben nicht.

Irgendwann zwischen "Killing on Adrenaline" und "Destroy the opposition" habt ihr ja auch einen neuen Gitarristen bekommen. Was ist denn aus eurem alten Gitarristen Brian geworden?

Brian ist vor ca. zwei Jahren kurz nach unserer Europa-Tour ausgestiegen, weil er sich auf andere Dinge konzentrieren wollte. Er arbeitet jetzt Vollzeit, hat andere Hobbies und macht auch soweit ich weiß keine Musik mehr. Unser neuer Gitarrist war vorher auch auf der Europa-Tour als Roadie dabei und war einfach der perfekte Mann um Brian zu ersetzen.

Nachdem "Killing on Adrenaline" noch auf Morbid Records rauskam, sind die Jungs jetzt nicht auf ihrem eigenen Label, sondern bei Relapse Records gelandet, wo sie auch hinpassen wie der Arsch auf den Eimer. Wie kam der Kontakt zustande? Es dürften ja sicher auch andere Angebote reingeflattert sein, nachdem schon "Killing on Adrenaline" so eingschlagen hat?!

Klar, es gab einige Angebote und wir hatten zuerst auch geplant das Album in Eigenveröffentlichung zu machen. Relapse haben uns aber das beste Angebot gemacht und so ziemlich alles geboten, was wir haben wollten. Wir sind eigentlich ganz zufrieden, so wie es läuft und freuen uns darüber, Relapse reich zu machen!

Komisch, diesen Spruch habe ich doch schon mal von einer Relapse-Band gehört. Sollten die Amis sich doch noch als organisierte Musiker-Versklavungs-Maschinerie entpuppen?! Immerhin kann es ja nicht so schlimm sein, denn zumindest der Sound von "Destroy the Opposition" klingt so, als hätte man euch doch die eine oder andere Mark dafür zugestanden ...

Wir haben das Album eigentlich schon aufgenommen bevor der Deal mit Relapse zustande kam und die Aufnahmen vorfinanziert. Wir haben in dem gleichen Studio wie immer aufgenommen. Es ist ein kleines Studio in unserer Nachbarschaft. Wir kennen den Besitzer und haben einen guten Preis ausgehandelt und konnten auch über einen relativ langen Zeitraum immer am Wochenende aufnehmen, weil es zeitlich anders schwer zu machen war.

Womit wir dann bei dem neuen Album wären. Das ganze ist keine Überraschung und knüpft überdeutlich an "Killing on Adrenaline" an, ist aber einfach runder, schneller, technischer, grooviger, fetter, satter und lecker. Alles in allem haben DYING FETUS ihren Sound ja auch schon seit "Infatuation with malevolence" nicht nennenswert verändert, sondern eben immer nur verbessert. Ist es als eure Absicht, diesen Sound zu perfektionieren?

Das ist der Sound, den wir mögen und wir wollten natürlich immer bessere Songs machen und das vorige Album übertreffen, so war es auch bei dem neuen Album. Was kann man da machen, außer zu versuchen den Sound zu verbessern und am Songwriting zu arbeiten.

Was mir an eurer Musik immer am besten gefallen hat, ist dass ihr technisch und präzise seid, ohne das vordergründig mit penetrantem Gitarrengewichse zu zelebrieren. Die Musik geht trotz technischer Passagen immer ins Ohr und in die Beine ...

Eigentlich stehen wir auch gar nicht so auf technisches Zeug, aber es hilft oft die Songs interessanter zu machen. Wir versuchen es halt zu mischen ... Grooves, technisches Zeug und natürlich Blastbeats.

Wie läuft eigentlich das Songwriting bei euch ab? In den Credits steht immer ein Name pro Song. Schreibt also John sein Zeug zu Hause, du deins zu Hause und dann wird es zusammengeprügelt? Insgesamt ist es ja nicht so, dass die Songs verschieden klingen ... das Album wirkt wie aus einem Guß...

Jeder von uns sitzt zu Hause mit seinem Instrument, macgt sein Zeug und im Proberaum wird das ganze dann mit dem Drummer ausgearbeitet. Wir haben uns wahrscheinlich über die Jahre gegenseitig beeinflusst, dadurch dass wir ständig die Songs des anderen spielen und proben. Wir haben auch alle einen sehr ähnlichen Musikgeschmack. Der war damals natürlich total auf Death-Metal ausgerichtet, während wir heute alle viel mehr Hardcore und Grindcore hören. In Amerika spielen wir auch oft mit Hardcore-Bands, aber auch wenn aus dieser Richtung sicher Einflüsse in die Musik kommen, sind wir immer noch eine Death-Metal Band.

Werdet ihr denn in der Hardcore-Szene akzeptiert oder gibt's da auch diese Abgrenzung der Genres?

Hier in Europa scheint das alles wesentlich mehr abgetrennt sein, während die Szenen in Amerika sich mehr überschneiden, besonders an der Ostküste. Wir haben schon mit allen möglichen bekannten Hardcore-Bands gespielt und die Fans haben damit keine Probleme.

OK, na dann noch mal zurück zu "Destroy the Opposition" ... ich hatte die Frage schon beim letzten Interview gestellt und auch beim neuen Album verfolgt ihr dieses Klangbild mit drei Worten im Albumtitel ebenso weiter wie die Collage-artigen Cover. Ist das jetzt eigentlich Konzept und wer macht eure Cover?

Ich mag einfach den Klang und wir mögen direkte Albumtitel, die den Inhalt der CD wiedergeben. Ich glaube auch, das die Titel irgendwie eingängig sind und Leute sie so besser im Kopf behalten. Was die Cover angeht, die macht ein Freund von mir, der viel mit Computern arbeitet. Meist setzen wir uns zusammen, ich bringe die Idee und die Vorlagen und er setzt die Ideen um. Beim neuen Cover sollte das Hauptthema Macht sein, die unser Leben beeinflusst. Macht von Medien, Politik, Religion ... all diese Strukturen und wie man diese bekämpfen kann. Dafür steht auf dem Cover Uncle Sam, umgeben von einem riesigen Aufstand.

Das ganze kommt ja momentan recht passend zur Situation in Amerika und selbst hier könnte man den Titel "Destroy the Opposition" ja noch bösartig auf die CDU drehen, hehe! Eure Texte waren ja ursprünglich eher normale Death-Metal Texte über Gewaltorgien und das ganze Brimborium. Wie kommts, dass sich das ganze in diese sozialkritische Richtung verändert hat?

Meine Interessen haben sich über die Jahre natürlich auch verändert und irgendwann wird es langweilig die gleichen Texte wie alle anderen Death-Metal Bands zu schreiben, es gibt einfach Dinge die mich mehr betreffen.

Bist du eigentlich in irgendeiner Form politisch aktiv? Ich frage mich vor allem, weil ihr ja im Booklet der neuen CD auf die Website www.demockery.org verweist, die sich hauptsächlich kritisch mit Politik und Medien auseinandersetzt...

Das ist meine Seite und ich bin politisch aktiv. Ich engagiere mich bei der "Green Party" und halte Kontakt mit vielen Leuten, schreibe Artikel. Das ist aber auch nur ein Teil meiner Zeit, der neben meinem Studium und der Band übrigbleibt. Die Seite ist ein gutes Ventil um meinen Frust über das System abzulassen und man bekommt viele E-mails von Leuten, die es gut finden, dass es solche Seiten gibt. E-mails von Leuten aus verschiedenen Szenen ... Punk, Grind, Metal ... alles mögliche.

Für mich persönlich ist es leichter, mich mit einer Band zu identifizieren, die Themen behandelt, die auch mich betreffen. Natürlich kommt die Musik an erster Stelle, aber ich merke oft, dass mir viele Bands textlich reichlich lächerlich vorkommen, auch wenn ich die Musik mag. Jetzt hört man aber gerade von Death-Metallern in aller Regelmäßigkeit, dass Death-Metal Texte brutal, düster und sick sein müssen. Da haben sich ja auch schon Leute über DEATH aufgeregt. Habt ihr auch schon negatives Feedback auf eure Texte bekommen?

Sicher gab es auch Leute, die uns darauf angesprochen haben, aber die meisten Fans akzeptieren die Texte als einen Teil von DYING FETUS. Die Texte sind ja auch nicht politisch, sondern drehen sich um Dinge aus dem alltäglichen Leben. Mit "Praise the Lord" gibt es auch einen Song gegen organisierte Religion, womit sich die meisten Metal-Fans auf jeden Fall identifizieren können.

Das lustige ist ja, dass bei euch der Bandname schon langsam recht krass im Gegensatz zu den Text steht. Wie kamt ihr eigentlich auf den Namen ... wie bei den Albumtiteln, muß ich ja eingestehen dass er cool klingt, aber ich denke mal da steckte wohl so eine bekiffte "Yo, sag mal einen richtig krassen Namen für eine Death-Metal Band"-Aktion, oder?

Den Namen haben wir uns ja noch 1992 einfallen lassen und damals waren wir alle 100prozentige Death-Metal Fans, der Death-Metal war in seinem Hoch und unser erstes Demo war auch noch ein Gore-Tape. Damals passte also alles noch und die Texte haben sich erst auf "Purification through violence" teilweise verändert. Der Name bleibt aber solange wir Death-Metal spielen, wir sind DYING FETUS und das bleibt so. Es ist einfach ein direkter Bandname, der sicher auch einige Leute schockt.

... aber das war ja sicher auch damals wie heute die Absicht dahinter, genau wie es wohl die Absicht hinter einem Haufen Death-Metal Bands ist. Zum Glück sind nicht alle nur aufs schocken ausgelegt.
Ein Text vom neuen Album, der mich besonders angesprochen hat ist "Pissing in the mainstream". Wie kamst du dazu, diesen Text zu schreiben? Einfach nur angeödet von Britney Spears und N'Sync und Co?

Nein, dabei geht es nicht nur um Musik, sondern um das Konsumverhalten der westlichen Welt generell. Es ist einfach traurig, wie die Menschen heute auf das ganze Glamour-Zeug fliegen, das ihnen aufwendig verkauft wird und alle Alternativen ignorieren, ob es nun um andere Musik, andere Einstellungen oder was auch immer geht. Das ist genau wie mit unseren beschissenen Hollywood-Filmen.

Naja, aber die Leute schlucken das Zeug ja weltweit. Hauptsache die Special-Effects machen das löchrige Drehbuch wieder wett. Ich frage mich eh immer, um jetzt wieder zur Musik zurückzukommen, ob die Situation hier in Europa oder in Amerika für den Underground schlimmer ist. Außer einigen Sendungen im "Offenen Kanal" gibt es hier in Deutschland nichts, während man aus Amerika immer wieder von den abgefahrensten Bands wie DILLINGER ESCAPE PLAN in irgendwelchen College-Charts hört ...

Naja, diese College-Sender werden auch nur innerhalb der einzelnen Colleges gehört, weil sie auch nur schwache Signale haben. Da können dann wirklich irgendwelche Leute einmal in der Woche ein paar Stunden alles spielen, was sie wollen ... das hören dann aber auch nur ein paar Leutchen. Es gibt auch ein paar größere Stationen, die in weiteren Gebieten empfangen werden können und die spielen teilweise auch sehr viel Underground-Metal, es gibt also schon ein paar Hoffnungsschimmer.

Ein anderes Thema, was mir auch immer recht schwammig vorkommt ist diese Zensur-Sache, die ja angeblich bei euch sehr heftig ausufern soll. Andererseits kommt der krankeste Scheiß immer aus den Staaten und da sind Sachen bei, die man hier nicht mal im Traum pressen lassen könnte ...

Das ist auch eine relative Sache. Einiges ist hier und da zensiert ... ich weiß nicht. Ich denke der Unterschied ist, dass die Sachen bei euch eher nicht gepresst werden, während sich hier in Amerika immer jemand finden lässt, der es für das entsprechende Geld doch macht. Die Zensur kommt dann später, damit haben dann Bands wie CANNIBAL CORPSE Probleme, wenn die Sachen im Laden stehen ... und durch den Zensurkram verkaufen sie ja jetzt erst richtig Platten. Undergroundbands haben damit weniger Probleme, weil deren Zeug eben nur per Post und auf Konzerten verkauft wird, weshalb die entsprechenden Leute nicht darauf aufmerksam werden.

Tja, das könnte es natürlich sein. Warten wir also mal ab, bis DEVOURMENT, GORGASM und die anderen Psychos ihren Deal bei Nuclear Blast bekommen ... wird bestimmt lustig! Das ist ja dann auch ein gutes Abschluss-Thema ... hast du irgendwelche Tipps, Newcomer-Bands, die dir in letzter Zeit gefallen haben?

Keine Ahnung ... viel Grindcore wie NASUM, PIG DESTROYER ... CAVE IN sind auch sehr gut. Mir fällt jetzt keine Death-Metal Band von hier, die ich wirklich gut fand ... vielleicht MORTAL DECAY, das ist wohl eine der besten neuen Death-Metal Bands aus den Staaten (und sie bringen demnächst auch endlich ihr zweites Album raus, checkt die Band unbedingt mal an! - Ed.). Ich stehe auch nicht mehr so auf das ganze Gore-Zeug ... die Zeiten sind einfach vorbei. Jetzt stehe ich mehr auf Sachen wie HATE BREED, 25 TA LIFE und MADBALL.

Tja, so können sich die Dinge ändern, aber solange dabei Scheiben rauskommen wie "Destroy the Opposition" kann er von mir aus auch auf Country stehen, hehe! Bleibt nicht mehr viel zu sagen ... holt euch die neue Scheibe, tötet eure Mütter, vergewaltigt eure Hunde und checkt auch mal Jasons Seite www.demockery.org an, auf der man diverse interessante Artikel zu verschiedenen Themen findet. Inzwischen ist der gute Jason übrigens auch nicht mehr bei DYING FETUS dabei, da seine diversen Aktivitäten anscheinend zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Wer den Bass/Gesang in Zukunft bei den Chaoten übernimmt, steht wohl noch in den Sternen.
Zum Abschluß muß ich noch mal mahnende Worte an den Kollegen Spinker richten, der es innerhalb von zwei Jahren nicht geschafft hat, der Band oder mir eine Kopie des legendären Reeperbahn-Videos der letzten Tour zu schicken. Rück raus das Teil, oder ich klau dir deine SUFFOCATION-Sammlung und verlose sie in der nächsten Ausgabe!