Nach PYAEMIA ist mit DISAVOWED der nächste Überhammer aus Holland am Start und das Debüt "Perceptive Deception" ist ein absoluter Pflichtkauf für alle Freunde von tightem, schnellem und brutalem Death-Metal im Stil von MALEVOLENTCREATION. Nachdem wir uns in Leer ein Bild davon machen konnten, daß der Spaß auch Live gut in die Fresse zimmert und die garstigen roten Hosen von Sänger Robbe nur noch von den noch garstigeren Kampftretern des Sängers von DESPONDENCY, die an diesem Abend neben DEATH REALITY als Vorband spielten, ästhetisch unterboten wurden, schnappten wir uns Sänger Robbe und Basser Nils auf ein paarSätze und zum Bier schnorren (Boah, was für ein verschachteltet Satz!) ...

Angesichts der Qualität des DISAVOWED-Debüts, wundert es nicht weiter, daß die Band vorher schon länger unter einem anderen Namen aktiv war. Der alte Name NOCTURNAL SILENCE macht dann aber den Eindruck, als wenn die Jungs damals mehr auf Bands wie NECROPHOBIC standen, die wohl mit ihrem Debüt Namensgeber waren?!

Robbe: Wir haben vor ca. 8 Jahren als Schulband angefangen Death-Metal zu spielen und das Line-Up der Band war noch ein etwas anderes. Damals waren nur unser Bassist Nils, unser Gitarrist Cameron und ich dabei. Das war noch nichts ernsthaftes... Wir waren alle so um die 15/16 Jahre alt und unser alter Schlagzeuger konnte nicht richtig blasten. Du hast Recht mit der Vermutung ... NECROPHOBIC waren damals ein Einfluss und zu der Zeit haben wir auch eher noch melodisch beeinflussten Death-Metal gespielt.

Wie kamt ihr denn zu dem U.S. beeinflussten Stil, den ihr heute spielt?

Robbe: Der alte Drummer ist irgendwann ausgestiegen und wir kannten damals schon PYAEMIA, die sich ungefähr ein Jahr nach uns gegründet haben und von Anfang an die brutale Schiene gefahren sind. Wir fragten ihren Schlagzeuger, ob er nicht aus Lust hätte bei uns zu spielen und spielten Anfangs noch das melodische Zeug weiter. Durch den neuen Schlagzeuger entwickelte sich der Stil dann immer weiter in die brutale Richtung. Es ist ziemlich wichtig, für diese Musik einen guten und schnellen Drummer zu haben und wir waren eigentlich auch schon immer Fans von Bands wie SUFFOCATION, so daß sich das automatisch ergeben hat. Das war dann auch der Grund, weshalb wir den Namen NOCTURNAL SILENCE irgendwann abgelegt und uns in DISAVOWED umbenannt haben.

Logisch eigentlich, denn sonst müsstet ihr euch wohl ständig die dumme NECROPHOBIC-Frage von Klugscheissern wie mir anhören. Habt ihr unter dem alten Namen denn nichts aufgenommen ... so richtig mit Keyboards und "Lalala"??

Robbe: Doch, wir hatten 3 Demos aufgenommen, wovon 2 ziemlich beschissen waren und einen miesen Sound hatten. Bei einigen Songs waren auch Keyboards dabei und ich habe andere Gesangsstile ausprobiert ... aber glaub mir, das willst du nicht hören! Das dritte NOCTURNAL SILENCE-Demo haben wir schon mit unserem neuen Schlagzeuger Robbert aufgenommen und es war schon härter und professioneller. Dann haben wir mit DISAVOWED noch eine Mini-CD aufgenommen, bevor irgendwann "Perceptive Deception" kam, aber das ganze Material davon ist auch auf "Peceptive Deception" gelandet. Der erste, dritte und siebte Song sind schon auf der Mini-CD gewesen.

Wow, nicht übel ... dann gehört der Killer Opener "Rhizome" zu euren älteren Songs?? Der Song knallt einem ja die Rübe weg, als wenn SUFFFOCATION mal wieder auferstanden wären. Der letzte Line-Up Wechsel war euer neuer Gitarrist Daniel, nachdem ihr "Perceptive Deception" aufgenommen habt, oder?

Robbe: Ja, wir kannten Daniel, weil wir schon ein paar Mal mit seiner anderen Band BLOOCDUM gespielt haben und wussten daher, daß er ein sehr guter Gitarrist ist. Er spielt immer noch bei BLOODCUM, die es auch schon seit 10 Jahren gibt Sie haben eine eigenveröffentlichte CD-Rom rausgebracht und spielen technischeren Death-Metal mit viel abgefahrenen Gitarrenharmonien.

Gibt es garkeine Probleme, wenn einige Leute bei euch in zwei Bands parallel spielen? Ihr scheint ja auch öfter mit PYAEMIA und DISAVOWED zusammen zu spielen, wie auf dem "Fuck the commerce" oder dem "Ludwigshafen Deathfest" letztes Jahr.

Robbe: Wir haben uns allgemein darauf geeinigt, daß die Band, die zuerst gebucht wird, den Gig auch spielt. Wir haben zum Beispiel auch gerade eine Tour in den Staaten zusammen mit DEEDS OF FLESH, DISGORGE und SEVERE TORTURE gespielt und waren in den Staaten und Kanada. Kanada war wirklich geil ... alle Shows waren ausverkauft und die Leute sind total ausgerastet.

Wie sehr ihr als europäische Band, denn die Unterschiede zwischen Kanada/USA und hier?

Robbe: In Kanada ist Konzert-technisch nicht so viel los und die Leute reisen Kilometer-weit für Metal-Konzerte und sind dann entsprechend heiss darauf. Das gibt es hier aber ja auch ... für das "Fuck the commerce" und "Ludwigshafen Deathfest" kommen die Leute ja auch von überall her und nehmen weite Enfernungen in Kauf. In den Staaten ist das wieder eine völlig andere Sache. Da muß die Band oft ihre Getränke selbst bezahlen und man spielt mal in Stripclubs ... die Organisation ist meist nicht so gut wie hier.

Habt ihr denn nur Club-Shows gespielt oder auch Festivals?

Robbe: Wir haben auf dem Ohio Deathfest und dem New England Metalfest gespielt. Letzteres war ziemlich groß aber garnicht mein Fall. Es war ziemlich stressig und man mußte kurzfristig auf die Bühne und dann schnell wieder abbauen. Das Ohio Deathfest war auch sehr eigenwillig. Ich meine, jeder kennt das Festivalaber das Gebäude wo es stattgefunden hat war ziemlich klein und man dachte mitunter, man wäre auf einem Seminar oder so. Die Festivals sind aber soweit ich weiß alle in Gebäuden. PYAEMIA haben in Kanada noch auf einem Open-Air Konzert wie dem "Fuck the commerce" gespielt. Das "Fuck the commerce" Festival ist übrigens in Amerika genauso bekannt, wie das Ohio Deathfest hier. Wir haben auf dem "Fuck the commerce" viele Leute aus Kanada und Amerika getroffen.

Ja, das ist ziemlich schräg. Auch auf dem Wacken, wo man Leute aus Japan, Australien, Kanada ... eigentlich aus der ganzen Welt trifft, die nur für das Festival herkommen. Das müssen schon echte Freaks sein! Wie seid ihr denn mit Eric von DEEDS OF FLESH und eurem Label Unique Leader Records in Kontakt gekommen?

Robbe: PYAEMIA sind vor uns auf Unique Leader Records gesignt worden und kanntenDEEDS OF FLESH von Repulse Rec., wo sie ursprünglich unter Vertrag waren. Mit Repulse liefen die Sachen aber nicht so gut und da Unique Leader mehr oder weniger das Label von DEEDS OF FLESH ist, ergab sich dann eins nach dem anderen. Robbe hat den Jungs von Unique Leader dann ein Demo von DISAVOWED geschickt, was ihnen gefiel. Zu der Zeit hatten wir Angebote von Morbid und Listenable Rec., aber Morbid haben uns abgezockt, womit sich das schonmal erledigt hatte und wir wollten sowieso am liebsten einen Deal in den Staaten, so daß wiruns für Unique Leader entschieden haben.

Ist es nicht gefährlich, einen Deal in den Staaten zu unterschreiben, wenn man schon in Europa Probleme mir unsauberen Geschichten hat? Ich meine, in Amerika habt ihr ja eher noch weniger Möglichkeiten die Sachen geradezubiegen, wenn da was krumm läuft.

Robbe: Das ist natürlich wahr und die ganze Sache läuft auf gegenseitiger Vertrauensbasis. Bisher kann ich mich aber absolut nicht beschweren. Wir haben vereinbartes Geld pünktlich bekommen, sie haben uns auf Tour geholt und alles organisiert... das ist schon alles total in Ordnung.

Haben sie euch auch die Tickets für den Flug in die Staaten bezahlt ... und deine extrem krasse rote Hose, die du heute anhast? (Höllisch brutal das Teil!)

Robbe: Nein die Tickets mußten wir aus eigener Tasche zahlen. Haha, klar haben sie mir die rote Hose bezahlt.

Nils: Das Ding ist seine Arbeitshose, weil er als Zimmermann arbeitet. Er hat sie schon seit zwei Wochen an und sie fängt langsam an zu stinken. Wenn wir wieder zu Hause sind ist das Teil wahrscheinlich braun!

So muß das auch sein ... dreckig, speckig und möglichst noch mit einem brutalen Afro (hoffentlich layoutet Thomas das krasse Afro-Foto mit ins Interview!). Aber Broterwerb ist ein guter Übergang zum Thema Texte. Ich dachte, du wärst Philosophie- oder Psychologie-Student, weil die Texte den Eindruck machen, Ausschnitte aus entsprechenden Büchern zu sein. Auf jeden Fall sind die Texte untypisch und ich schnalle sie nicht die Bohne!

Robbe: Ich studiere wirklich, aber Architektur ... hat also nichts mit meinen Texten zu tun! Die Texte drehen sich um Dinge um mich herum und Bücher, die ich lese. "Rhizome" ist direkt auf ein Buch bezogen, was ich gelesen habe, aber die Texte sind schon von mir und nicht aus Büchern abgeschrieben oder so. Weshalb du sie vielleicht nicht verstehst, ist weil ich versuche die Texte kompakt zu halten und mich eher an der Musik und der Rhytmik zu orientieren. Ich bin kein Poet oder sowas und beim nächsten Album werde ich auch wohl zuerst nur Töne und Rhytmiken im Proberaum ausprobieren und dann den Text da reinpressen. Rhytmik ist für mich auch wichtig bei Death-Metal Vocals, da es sonst schnell langweilig klingt.

Was keine dumme Idee ist, denn so manche Death-Metal Band krampft einfach ellenlange Gore-Texte auf fertige Songs, was dann konstruiert und unrhytmisch klingt und gerade die Rhytmik in denem Gesang bringt gut Power.
Wir haben ja schon über eure Vorliebe für SUFFOCATION gesprochen und beim ersten Hören von "Perceptive Deception" mußte ich an die Power von SUFFOCATION oder auch MALEVOLENT CREATION (Da haben wir wieder die "Domination of Ation", gell Thommyboy?!) denken. Auf welche Bands und Musikstile steht ihr denn noch so?

Robbe: Ich höre eigentlich alles mögliche und brauche einfach Qualität in der Musik. Ich höre viel HipHop und da gibt es genausoviel beschissene und gute Bands wie im Death-Metal. Insofern höre ich alles was gut gemacht ist. Ich mag nur keinen RNB oder Britney Spears und höre immer mal was anderes neben Death-Metal ... MOBY, Klassik ...

Macht ihr denn neben DISAVOWED noch andere Musik, wo ihr eure anderenEinflüsse austobt, damit DISAVOWED nicht irgendwann mit klassischen Melodien, HipHop Vocals und einem Sänger wie MOBY endet ... die passende "Frisur" hast duja schon, hehe! So manche Band verzettelt sich ja irgendwann mit ihrerStilvielfalt und ich frage mich manchmal, ob es nicht wirklich besser ist sowas inandere Projekte zu kanalisieren.

Nils: Ich mache tatsächlich noch völlig andere Musik, die aber für mich auch völlig separat läuft und nicht irgendwie mit DISAVOWED konkurriert. Das ist mehr elektronisches Zeug mit viel Sequenzern und so und ich habe auch schon Bass bei einem HipHop Projekt gespielt.

Also habt ihr alle noch diverses Zeug neben DISAVOWED laufen?

Nils: Ja, ich habe auch bei PYAEMIA am Bass ausgeholfen und wir planen gerade ein neues Projekt mit Robbe und Joey von PYAEMIA und Sven von ABORTED. Da laufen schon viele Sachen parallel, aber DISAVOWED ist für uns die Hauptband.

In Holland läuft ja scheinbar eh wieder einiges, wenn man an euch und PYAEMIA, NECROLOGY, SEVERE TORTURE etc. denkt und anscheinend schwenkt der Blick auf die Staaten wieder mehr nach Europa, denn neben euren Bands sind bei Unique Leader ja jetzt auch SPAWN OF POSSESION aus Schweden und BRUTUS aus Holland unter Vertrag. Wie ist denn da euer Eindruck?

Robbe: Viele Bands, haben damals als der Death-Metal am kippen war, angefangen Musik zu machen und so viel Zeit im Underground verbracht und ihre technischen Fähigkeiten und ihren Stil entwickelt. Jetzt kippt der Black-Metal weg und macht wieder mehr Platz für Death-Metal Bands und daher bekommen viele Bands aus
der Richtung jetzt wieder Deals und Aufmerksamkeit. Da sind schon einige dabei ... PROSTITUTE DISFIGUREMENT, BRUTUS, BLOODBOIL sind einige neue Bands oder auch ältere Bands wie INHUME und LAST DAYS OF HUMANITY, die gerade viel Aufmerksamkeit bekommen. Allgemein ist es wirklich so, daß viele wieder mehr nach Europa gucken. Nicht nur Unique Leader signen viele europäische Bands, auch bei Ohio Deathfest haben sie versucht, viele europäische Bands dabei zu haben und du kannst da auch die ganzen europäischen Bands bei den Verkaufsständen finden. Vielleicht ist das wieder ein neuer Trend, wie damals bei den ganzen schwedischen Sachen.

Wäre ja auch nicht weiter schlimm, denn nach Amerika ist echt langsam genug geguckt worden und dieses inflationäre Frognoise-Abgekupfere fängt auch langsam an zu nerven. Die Schwedische Brutalo-Szene hat ja auch ihr Comeback mit Bands wie INSISION, IMMERSED IN BLOOD, SPAWN OF POSSESSION etc. Und wo wir schon bei Trends sind ... ein weiterer Trend, der an die damalige Death-Metal Explosion erinnert sind die Cover. Mußte man damals ein Seagrave-Cover haben, ist jetzt anscheinend ein Zig-Cover Pflicht (und bei den Skandinaviern und melodischeren Bands dann eben was von Chad Michael Ward). Sowohl PYAEMIA wie DISAVOWED haben ja auch was von Zig pinseln lassen und ich frage mich, ob bei Unique Leader schon in den Verträgen steht, daß die Bands Zig-Cover nehmen müssen, weil es dann Mengenrabatt gibt?!

Robbe: DEEDS OF FLESH waren eine der ersten Bands, die ein Cover von Jon Zig hatten und ich denke, sie unterstützen sich jetzt gegenseitig. Wir mögen die Sachen von Zig, auch seine Tätowier-Arbeiten. Leider haben wir in Amerika keine Zeit gehabt, um uns von ihm tätowieren zu lassen ... vielleicht nächstes Mal. Zig macht wirklich viel, aber es gibt auch einige andere gute Künstler, die momentan bekannter werden und einen eigenen Stil haben, wie zum Beispiel Maloney (?), der das "Feasting on Blood" Cover von SEVERE TORTURE gemacht hat.

Was mich an Zig stört ist, daß er ständig die gleichen Farben benutzt und sich seine Sachen oft ziemlich ähneln und nicht sehr detailliert sind. Das DISAVOWED-Cover ist da mal wieder deutlich besser geworden ... habt ihr ihm konkrete Vorstellungen für das Cover vorgegeben?

Robbe: Wir hatten die Idee für das Cover mit dem Kopf und den Augen und haben ihm eine Skizze gegeben und wir sind absolut zufrieden mit dem Ergebnis.

Und wie sieht es mit Plänen für neue Veröffentlichungen bei euch aus?

Robbe: Wir haben noch kaum neues Material geschrieben und das neue Album wird wohl erst im September/Oktober 2003 erscheinen. Wir würden gern noch eine Vinyl-Version von "Perceptive Deception" machen, am liebsten eine Picture-LP, aber in Amerika ist das nicht gerade angesagt und die anderen Bands auf Unique Leader haben ihre Vinyl-Veröffentlichungen über andere Label rausgebracht.

So, da waren wir dann auch am Ende des Interviews und von hier ab ging es nur noch chaotisch durcheinander, wobei aber nichts wichtiges rüberkam, außer daß es von den Death-Metal Legenden PESTILENCE, ASPYHX, GOREFEST und Co. auch keine handfesten News gibt. Patrick von PESTILENCE und der Sänger von GOREFEST haben wohl neue Bands, die aber nicht viel mit ihren alten Bands zu tun haben. Dann kam noch ein kleiner Exkurs zum Thema Frauen-Gesang im Death-Metal und da gibts vielleicht einen neuen Tipp aus Kanada namens DESPISED ICON, die Kanada-typisch eigenwillig sein sollen und eine ziemlich heftige Schnitte (also Gesangs-technisch) am Mikro haben. Ach ja, und laßt mich mit der These schließen, daß Afros nach Matten und Glatzen die nächste hippe Death-Metal Frisur werden.